III. Die Mädchenlehrer

 

          Die nachstehende Zusammenstellung der Mädchenlehrer berücksichtigt aus praktischen Gründen auch die Organisten vor 1650, von denen nur einer nach-weisbar als Mädchenlehrer tätig war.

 

  1. Joseph Zehe

Josephus Zehe stammte aus Pausa und trat sein Amt als Organist und Küster 1568 an. Er war ein sehr guter Orgelspieler und wurde 1578[1] folgendermaßen beurteilt:

Ist ein guter organist, kündte in einer grossen gemein gefordert werden …

Ähnlich heißt es 1580[2]:

Gibt einen guten organisten, ist vleissig in seinen beiden diensten, konnte wol ein grosses werck versorgen …

Die mit dem Kirchneramte verbundenen niederen Küsterdienste — dazu gehörten auch Erntearbeiten für den Pfarrer — waren ihm äußerst unbequem und lästig. Deshalb erbot sich Zehe, einen zu halten undt belohnen, der auff den kirchendienst warten soll, damitt nichts versäumett werde undt der pfarher auch zufrieden sein soll“.[3] Ebenso verzichtete er zugunsten des neu angestellten Totengräbers darauf, bei Todesfällen auf dem Friedhofe die Grabstellen anzuweisen. Dadurch fiel auch die Grasnutzung im Gottesacker diesem zu. Mit dem Totengräber geriet Zehe durch eigenes Verschulden in einen heftigen Streit, der ihm beinahe sein Amt kostete[4]: Sonnabend vor Pfingsten 1589 verstirbt ein alter Mann in Christgrün. Zwei seiner Nachbarn kommen nach Elsterberg, um das Grab auszuheben. Der Pfarrer gibt die Erlaubnis, und der Kirchner führt die Bauern auf den Friedhof. Sie treffen den Totengräber aber nicht an. Zehe zerbricht kurz entschlossen die Schlösser an der Friedhofstür und weist die Grabstelle an.

 

Unterdessen sichelt die Frau des Kirchners Gras ab und trägt zwei Tücher voll nach Hause. Der Totengräber erfahrt von dem Vorgang, bewaffnet sich und läuft unter großem Lärm in die Pfarre und nach des Kirchners Behausung, um sein Recht zu suchen. Inzwischen hatte sich aber auch der Richter der Sache angenommen, der dem Organisten folgende Anordnung zugehen läßt:

  1. a) Er habe bei einer Strafe von 10 Gulden nichts mehr auf dem Kirchhofe zu suchen. b) Weil er ein fremdes Schloss geöffnet habe, solle er sich binnen Monatsfrist mit der Obrigkeit der Strafe halben abfinden.

  2. c) Spätestens Michaelis habe er seinen jetzigen Dienst zu verlassen.

Da Zehe, wie aus Steuerregistern nachweisbar ist, noch 1595 in Elsterberg wirkte,

          scheint diese Angelegenheit trotz des richterlichen Spruches gütlich beigelegt worden zu sein. Zehe starb vermutlich 1599[5], da in diesem Jahre wieder ein selbstständiger Kirchner neben dem Organisten genannt wird.

  1. Lorenz Händel

Sein [Zehes] Nachfolger ist wahrscheinlich Lorenz Händel. Er hatte die Elsterberger Organistenstelle nur kurze Zeit inne. 1602 wird von ihm berichtet: Lorentz Händel, gewesener organist, gehet neben seinem weib nicht zur kirchen noch abendmall[6].

 

  1. Tobias Pfüntel

1599 treffen wir Tobias Pfüntelius als Organisten an, der wohl bis 1612 in Elsterberg wirkte. Er geht in gleicher Eigenschaft nach Weida.

  1. Abraham Hübler

Ihm [Pfüntel] folgte Abraham Hübler, der aus Ebersdorf bei Chemnitz stammte und von 1589 bis 1598 als Organist in Mittweida tätig war. Er wird ausdrücklich als Mädchenlehrer angestellt. Pfarrer Feige schreibt u.a.[7]:

Weil ich eine Mägdlein Schule alhier hette gern angerichtet gesehen, er [Hübler aber sich darzu neben seinem Weibe laßen wollen gebrauchen, ist ihme 4 alte Schock vor anderthalb Jahren noch zur Zulage von der Herrschafft gewilliget…, doch ist solches geschehen hac conditione, wenn er der Schulen würde fleisig abwarten.

          Hübler floh im Jahre 1614 aus Elsterberg, weil er „mit greulichen Fluchen und Gotteslesterung in einer nothwendigen Verhörung sich gegen die adeliche Herrschaft in beysein des Herrn Richters vergriffen“.[8]

 

  1. Tobias Pfüntel

An Hüblers Stelle trat wieder Tobias Pfüntel. Oberpfarrer Feige berichtet darüber[9]:

Den neuen Organist Tobias Pfüntelium zu Weidaw, der umb seines Wol-verhaltens Willen wiederumb hiehero ist revociret worden, anlanget, ist derselbe noch nicht eingezogen, zum Teil und am meisten, weil die Organistin [Hübler] mit ihren Kindern die Wohnung nicht räumen will. Der hat in Pfingsten und bißhero alle 14 Tage einmal das Werck versorget, ist am ver-gangenen Sontage [Ende Juli 1614] abermals dagewesen, wird uffm künftigen Sontage wieder sich einstellen.

Wie lange Pfüntel seine Tätigkeit in Elsterberg ausgeübt hat, wissen wir nicht.


  1. Adam Schmidt

Nach ihm [Pfüntel] wirkte Adam Schmitt. Er war für eine längere Zeit der letzte Organist. Aus der Berufung Knüpfers vom 5. April 1654[10] erfahren wir, dass nach absterben des gewesenen organistens zu Elsterberg Adam Schmidts die organisten-stelle sich daselbst verlediget, die kirche darauff [?] durch einen wetterschlag in der adventszeit anno 1638 angezündet und mit sambt dem orgellwerck in die aschen gelegt worden, so das auch seit der Zeit diese vacirende stelle nicht wiederumb ersezet werden möge. Schmitt starb im Jahre 1640 und wurde in der Gottesackerkirche beigesetzt.

 

  1. Paul Knüpfer

Den vorerwähnten Paul Knüpfer, der aus Asch in Böhmen stammte, treffen wir um 1650 in Elsterberg an. Die Kirche näherte sich ihrer Vollendung. Seine eigentliche Anstellung erfolgte 1654[11]. Die Mädchenschule übernahm er etwa 1650 von der Schulmeisterin. Die Tatsache, dass bis in die sechziger Jahre hinein seine Mädchen-schule auch von Knaben besucht wurde, zeugt davon, dass er Vertrauen genoss und kein schlechter Mensch und Lehrer war.

Von 1666 ab liegt über ihn jedoch eine Reihe von Klagen vor. 1669 kam es beim Vertrinken eines Legats, das dem Chorus musicus gewidmet war, zu großen Ausschreitungen seitens des Organisten. Stadtpfeifer und Kantor wurden von ihm schwer misshandelt.

1674 berichtete der Richter Jakob Görbich, dass Kantor und Organist in der Nacht einander mit Holzhacken ermorden wollten. Der ganze Ort geriet durch das Geschrei in Aufruhr. Einmal äußerte Knüpfer, wann Kriegk wurde, wolte er mit mordt und tohtschiesen auch seiner freundten nicht verschonen.

1675 heißt es von ihm: Vom 30. Januar biß 11. Februar in custodia gelegen. Vom 31. Mai biß 9. July de novo in custodia gezogen worden.

In einem Briefe an den Superintendenten beschwerte er sich über seine Haft und die Behandlung im Gefängnis: Denn ich unverschulteter weiße noch in Ketten und Banden sitzen muß und bewachtt, als ob ich der ärgste Straßenräuber währe, noch darzu meinen gesunden Leib einbießen, ja dass mir nicht die Lufft an ein fenster zu sietzen gegennet …

Die Mädchenschule war längere Zeit ohne Lehrer. Die Orgel in der Kirche musste schweigen, weil der Kantor Georgi dieses Instrument nicht spielen konnte.

1675 setzte man Knüpfer ab. Aber noch 1678 weilte er in Elsterberg, um den Aus-gang seines Prozesses, der an den Leipziger Schöppenstuhl gegangen war, abzu-warten[12].


  1. Johann David Steinbach

Knüpfers Nachfolger Johann David Steinbach war vorher Organist und Schulmeister in Teichwolframsdorf und wirkte von 1676 bis 1684 in Elsterberg. Am 7. November 1684 gab er seinen Dienst auf, um nach Zeulenroda zu gehen, wo er 1698 starb.

  1. Bartholomäus Heinrich Nagel

Bartholomäus Heinrich Nagel wurde aus Mühltroff, wo er als Stadtpfeifer tätig war, am 14. Dezember 1684 nach Elsterberg berufen. Die Bestätigung durch das Leipziger Konsistorium erfolgte am 27. März 1685. Kurz vor seinem Tode (5. Dezember 1723) erhielt er in seinem Sohne Johann Sebald einen Substituten.

 

  1. Johann Sebald Nagel

Johann Sebald Nagel war gleich seinem Vater ein gelernter Musiker. In der Probe bestand er gar rühmlich. Es wurde ihm gestattet, die Rektoratswohnung zu beziehen, die der Schulmeister Giebner nicht selbst bewohnte. Als Substitut hatte er vor, neben dem Neujahrsumsingen ein Neujahrsumblasen einzuführen, was man jedoch nicht genehmigte. Seine Absicht, einstweilen auf den hiesgen Weinkeller [Ratskeller] zu ziehen, begrüßten Stadtverwaltung und Gemeinde wegen der musikalischen Fähigkeiten und Unterhaltungsgaben Nagels außerordentlich, fand aber ebenfalls nicht die behördliche Billigung. Nagel starb im April 1760 im Alter von 77 Jahren nach reichlich 37 jähriger Dienstzeit.

  1. David Friedrich Günz

Nagels Nachfolger David Friedrich Günz wurde als Sohn des Acciseinnehmers Caspar Günz in Kirchberg geboren. Am 4. August 1760 trat er seine Stelle an, die er unter den schwierigsten Verhältnissen in größter Treue bis zu seinem Tode am 22. November 1800 verwaltete. Seiner besonderen Verdienste um die Mädchenschule ist schon gedacht worden.

 

  1. Johann Gottlob Roth

An seine [Günz’] Stelle trat Johann Gottlob Roth (geboren 1762 in Roßbach), bis dahin Schulmeister zu Taltitz. Seine Berufung fand größten Widerstand in der Stadt. Ein Dresdner Katechet war schon gewählt und auf Drängen der Gemeinde vom Collator bestätigt worden. Vom Gerichtsinspektor und von dem Superintendenten in Plauen wurde aber kurzerhand der Taltitzer Lehrer zum Organisten ernannt und die Probe festgesetzt, die zwar in pädagogischer Beziehung vortrefflich ausfiel, nach der musikalischen Seite hin jedoch mancherlei zu wünschen übrig ließ, ein Grund mehr, um gegen den neuen Lehrer Sturm zu laufen. Nachdem das Konsistorium die musikalischen Fähigkeiten Roths nochmals hatte prüfen lassen, erfolgte seine Bestätigung am 15. Oktober 1801[13]. Seine Wahl brauchte die Stadt nicht zu bereuen. Weit über die Grenzen des Vogtlandes hinaus war Roth als Obstzüchter bekannt. So besaß er einen zweiträchtigen Obstbaum, der Sommer- und Herbst-birnen trug. Roth starb im Jahre 1831.


  1. Heinrich August Roth

Ihm [Roth] folgte sein Sohn Mag. Heinrich August Roth, der schon bei Lebzeiten seines Vaters als Substitut an der Mädchenschule gewirkt hatte. Unter ihm erhielt diese eine zweite Lehrerstelle. 1837 wurde Roth Diakonus, 1841 Archidiakonus. Er starb am 30. Juni 1852. In seinem Testament bestimmte er, dass seine Bibliothek an Büchern, Musikalien und Landkarten dem Archidiakonat zufallen solle. Der Erlös aus seinen Möbeln diente als Grundstock zu einer Stiftung, aus der für Schüler und Schülerinnen der ersten Klassen Bücherprämien gekauft werden (Rothesches Schul-Legat).

 

  1. Carl Traugott Krebs

Roths Nachfolger an der Mädchenschule wurde Carl Traugott Krebs. Geboren 1815 in Calbitz bei Oschatz und auf dem Seminar in Freiberg zum Lehrer ausgebildet, wirkte er vor seiner Elsterberger Anstellung als Musiklehrer am Proseminar zu Freiberg. Krebs befand sich in sehr guten Vermögensverhältnissen und stiftete nach dem Brande vom Jahre 1840 das große Altargemälde in der Kirche. 1846 legte er seine Mädchenschullehrerstelle nieder und widmete sich nur dem Organistendienste. An dem Streit um die sächsischen Seminare beteiligte sich Krebs in der Schrift: Ein Wort zur Verständigung über die K. Sächs. Schullehrerseminarien von O. T. K. J. E., Elsterberg bei Dietzel 1846.

  1. Heinrich Martin Seidel

Heinrich Martin Seidel, geboren 1820 in Elsterberg und auf dem Seminar Plauen vorgebildet, wurde von Kauschwitz aus nach Elsterberg berufen. Seine Anstellung verzögerte sich zum großen Verdruss der Gemeinde bis zum Februar 1847[14]. Da Krebs das Organistenamt weiter versah, Seidel aber auch als Organist mit eingewiesen wurde — er sollte aller 14 Tage die Orgel versorgen —, blieben Reibereien nicht aus. Im April 1862 ging Seidel nach Lengenfeld.

  1. Bernhard Ernst Reichardt

Seidels Nachfolger Bernhard Ernst Reichardt stammte aus Wolfersdorf (Sachsen-Weimar, geboren am 11. März 1840), kam als Hilfslehrer an die Bürgerschule zu Werdau und wurde am 2. November 1862 in sein Elsterberger Amt eingeführt. 1865 bis 1867 finden wir ihn als Organisten und Kantor in Adorf, 1868 bis 1872 in derselben Eigenschaft in Hohenstein. Ab 1872 wirkte er als Oberlehrer und Kgl. Musikdirektor am Seminar zu Waldenburg. Die meisten seiner zahlreichen Kompositionen sind verzeichnet bei R. Vollhardt, Geschichte der Cantoren und Organisten Sachsens (1899).


16a. Karl Friedrich Schaarschmidt

1865 kam er als Mädchenelementarlehrer nach Elsterberg, wurde 1868 zweiter Mädchenlehrer[15] und 1871 zweiter Knabenlehrer, 1879 übertrug man ihm das Kantoramt. [Siehe Kantor Nr. 38]

 

  1. Franz Gottlob Schiller

Nach Reichardt wurde das Organistenamt mit Franz Gottlob Schiller besetzt, einem gebürtigen Plauener, der nach seinem Abgange vom Seminar in Kauschwitz, Sieben-brunn und Pausa Schulstellen bekleidet hatte. Den Organistendienst in Elsterberg versah er bis 1881. In diesem Jahre wurde er Kirchner und Kirchenbuchführer, welches Amt er bis 1890 verwaltete.

 

  1. Robert Peters

Ab 1890: Siehe die Schulleiter [Nr. 1].

[1] HStA Dresden Loc. 1994 Vis. d. Vogtl. Kreis 1578.

 

[2] HStA Dresden Loc. 2003 Act. Vis. d. Cons. Leipzig 1580.

 

[3] HStA Dresden Loc. 2000 Vis. d. Leipziger Cons. 1584.

 

[4] Konsistorialarchiv Dresden E 49.

 

[5] HStA Dresden Im Landsteuer-Reg. d. Vogtl. Kreis: 1602 wird seine Witwe erwähnt.

 

[6] HStA Dresden Loc. 1989 Localvis. d. Sup. Zwickau, Plauen usw. 1602.

 

[7] Ephoralarchiv Plauen II V 1 I.

 

[8] Ephoralarchiv Plauen II V 1 I.

 

[9] Ephoralarchiv Plauen II V 1 I.

 

[10] Pfarrarchiv Elsterberg X 10. Nach dem Elsterberger Kirchenbuch ist Schmitt 1627 erst-malig bezeugt.

 

[11] Konsistorialarchiv Dresden E 22: Darin heißt es So will ich [der Collator] euch, nachdem ihr dieses positiv zeithero mit fest- und sontäglichen schlagen versehen, zu solchem organistendienst zu Elsterberg beruffen haben.

 

[12] Über Knüpfer siehe Ephoralarchiv Plauen II III 4 I und II V 1 III.

 

[13] Ephoralarchiv Plauen II III 4 I.

 

[14] Wochenblatt für Mühltroff, Pausa u. Elsterberg v. 3. Okt. 1846: Offene Klage unserer Elsterberger Gemeindemitglieder über die traurigen Umstände, in welcher sich unsere Kirchen- und Schulangelegenheiten alleweile befinden.

 

[15] Er fehlte bei Beierlein an dieser Stelle. dr